Am achten Tag nach Ostern lodert das Feuer der Vigil noch in den Taufkerzen, doch die frisch Getauften haben ihre Alben – weiße Gewänder – inzwischen abgelegt. In der Alten Kirche geschah das buchstäblich an diesem Sonntag in albis depositis: Die Neophyten legten das sichtbare Weiß ab, um das unsichtbare zu bewahren. Darum heißt der Tag bis heute „Weißer Sonntag“. In vielen deutschsprachigen Gegenden empfängt man an diesem Datum die Erstkommunion; die Kinder tragen symbolisch jenes Kleid, das in der Taufe leuchtet.
Die Liturgie führt weiter, was in der Osternacht begann. Wer mit Christus auferstanden ist (Kol 3,1), soll nun von seinem Leib leben. Die Erstkommunion ist deshalb kein pädagogisches Event, sondern ein sakramentaler Ritus, der die Neuschöpfung nährt. Jedes „Amen“ vor der Hostie ist die Verlängerung des Tauf‑Credos: „Ich glaube!“
Das Evangelium (Joh 20,19‑31) stellt uns Thomas vor: acht Tage lang ringt er mit Zweifel, bis Jesus seine Wunden zeigt. Weißer Sonntag erinnert also nicht an makellose Gläubigkeit, sondern an Gnade für Nachzügler. Die Kirche traut sich, das Bekenntnis „Mein Herr und mein Gott“ aus dem Mund des Skeptikers zur größten Osterhymne zu machen. Wer noch hadert, darf wissen: Der Auferstandene hat Termine für Spätankömmlinge im Kalender.
Seit Johannes Paul II. trägt dieser Tag offiziell den Titel „Barmherzigkeitssonntag“. Das Bild, das Jesus der hl. Faustyna zeigte – Strahlen von Blut und Wasser aus seiner Seite – verknüpft die Osterwunden mit dem Tauf‑ und Eucharistiewasser. Die Kirche gewährt heute einen vollkommenen Ablass. Wer heute beichtet, kommuniziert und dem Nächsten konkret vergibt, nimmt einen Eimer Gnade direkt aus der Quelle. Eine Einladung, die Taufunschuld real neu anzuziehen.
Jesus, ich vertraue auf dich.
Weiß ist nicht die Farbe der Unberührbarkeit, sondern des reflektierten Lichts. Wer Christus trägt, soll Strahlen weiterwerfen:
Reinheit der Worte – kein neuer Babel‑Sound, sondern Sprache der Wahrheit.
Werke der Barmherzigkeit – ein konkretes „Ich habe dich gesehen“ für jeden Thomas neben uns.
Freude ohne Kalkül – weil die Schuldfrage endgültig geklärt ist.
„Leg dein altes Kleid ab, behalte das Licht an.“ – so fasst ein alter Taufspruch die Botschaft zusammen. Weißer Sonntag ruft uns, genau das zu tun: Das sichtbare Festkleid kann in den Schrank; das unsichtbare bleibt unser Markenzeichen – bis es im himmlischen Hochzeitsmahl endgültig erstrahlt.