Am fünften Fastensonntag geht es darum, Altes hinter sich zu lassen, Gottes neues Wirken anzunehmen und durch Vergebung und Umkehr dem Ruf Jesu zur Heiligkeit zu folgen. Gott schenkt Hoffnung, indem er Wege eröffnet, wo vorher keine waren.
Jes 43,16–21: Gott schafft Neues; er verwandelt Unfruchtbarkeit in Fülle. Inmitten der Wüste bringt er Wasser hervor, um sein Volk neu zu beleben und zu tränken. Gottes Eingreifen zeigt, dass er Rettung bringt, wo alles verloren scheint.
Psalm 126 (125),1–6: Dieser Psalm beschreibt die Wende des Schicksals durch Gottes Handeln: Wer unter Tränen sät, erntet mit Jubel. Gottes Heilstat verwandelt Leid in Freude.
Phil 3,8–14: Paulus betont die völlige Hingabe an Christus. Alles Vergangene gilt ihm als Verlust gegenüber dem Gewinn, den Christus darstellt. Das Ziel ist, Christus gleichförmig zu werden – in Leiden wie in Auferstehung.
Joh 8,1–11: Jesus konfrontiert die Selbstgerechten mit ihrer Heuchelei und schenkt der Sünderin radikale Vergebung – nicht zur Entlastung, sondern zur Umkehr. Er fordert zu Demut und Barmherzigkeit auf und zeigt, dass jeder aufgerufen ist, neu zu beginnen: „Geh und sündige von jetzt an nicht mehr!“
In der Szene mit der Ehebrecherin (Johannes 8,1-11) verfolgten die Schriftgelehrten und Pharisäer ein klares Ziel: Jesus in eine Falle zu locken. Sie wollten ihn zwingen, entweder das Gesetz des Mose (Steinigung bei Ehebruch, Levitikus 20,10; Deuteronomium 22,22) zu missachten oder gegen die römische Besatzungsmacht zu verstoßen, die das Recht zur Todesstrafe für sich beanspruchte. Hätte er die Steinigung befürwortet, hätten sie ihn bei den Römern anklagen können oder als unbarmherzig darstellen können, was seinem Ruf widersprach. Hätte er sie verboten, hätten sie ihn als Gesetzesbrecher vor dem jüdischen Volk diskreditiert.
Ihre Vorgehensweise war jedoch selbst rechtlich fragwürdig: Das Gesetz des AT forderte die Steinigung von beiden, Mann und Frau (denn beide sind Ehebrecher). Der Mann fehlt in der Szene aber völlig. Zudem verlangte das Gesetz mindestens zwei Zeugen (Deuteronomium 19,15) für eine Verurteilung – ob diese formal korrekt auftraten, bleibt im Text unklar, aber das Fehlen des Mannes allein untergräbt bereits die Anklage nach ihrem eigenen Gesetz. Dass die Ankläger gehen, nachdem Jesus sagt "Wer von euch ohne Sünde ist, werfe als Erster einen Stein auf sie", liegt primär an der Konfrontation mit ihrer eigenen Sünde und Heuchelei. Sie erkennen, dass sie selbst nicht dem Maßstab entsprechen, den sie anlegen.
Obwohl Jesus als Einziger ohne Sünde das Recht gehabt hätte, den ersten Stein zu werfen, verurteilt er die Frau nicht ("Auch ich verurteile dich nicht"). Dies zeigt Gottes primären Willen zur Barmherzigkeit und Rettung, nicht zur Verurteilung (vgl. Joh 3,17). Seine abschließenden Worte "Geh und sündige von jetzt an nicht mehr!" sind keine Verharmlosung der Sünde, sondern der Aufruf zur Umkehr und zu einem neuen Leben, das durch die erfahrene Barmherzigkeit erst ermöglicht wird.
Ein tieferer Einblick ergibt sich aus der Betrachtung der Dynamik zwischen Gottes souveränem Handeln und der menschlichen Antwort. Gott schafft Neues (Jesaja), er wendet das Geschick (Psalm), Jesus handelt barmherzig (Johannes). Doch diese göttliche Initiative ruft nach einer aktiven menschlichen Antwort: das Volk soll Gottes Ruhm verkünden (Jesaja), Paulus strebt und jagt dem Ziel nach (Philipper), die Frau soll nicht mehr sündigen (Johannes). Diese Dynamik spiegelt sich zentral im Sakrament der Versöhnung wider: Gott bietet durch den Priester in persona Christi die Vergebung an, eine Neuschöpfung im Kleinen. Die menschliche Antwort ist die Reue, das Bekenntnis und der Vorsatz zur Besserung ("sündige von jetzt an nicht mehr!"). Es ist ein Geschehen im Neuen Bund, wo Gottes Gesetz nicht mehr primär auf Stein geschrieben steht (wie bei Mose, auf den sich die Ankläger berufen), sondern durch Christus ins Herz geschrieben wird (vgl. Hebr 8,10), was durch Glauben (Philipper) und die Annahme seiner Barmherzigkeit (Johannes) geschieht. Die Eucharistie stärkt uns dann auf diesem Weg des "Nachjagens", um das Ziel, die himmlische Berufung, zu erreichen.
Lass bewusst eine alte Gewohnheit oder Haltung hinter dir, die dich von Christus entfernt, und ersetze sie durch Gebet oder eine Tugend.
Nutze die Gelegenheit zur Beichte, um Gottes Erneuerung ganz konkret zu erfahren.
Praktiziere Barmherzigkeit und verzichte bewusst auf das Verurteilen anderer; begegne Mitmenschen mit Vergebung und Geduld.