Am Dreifaltigkeitssonntag feiert die Kirche das innerste Geheimnis Gottes. Die Lesungen offenbaren nicht eine abstrakte Lehre, sondern den lebendigen Gott als eine Beziehung der Liebe: Vater, Sohn und Heiliger Geist. Sie veranschaulichen, dass die göttliche Weisheit von Anfang an gegenwärtig war, der Geist in Liebe und Hoffnung wirkt, und Jesus diese Gemeinschaft offenbart.
Sprüche 8,22–31: Die personifizierte Weisheit Gottes existiert vor aller Schöpfung als „geliebtes Kind“ des Vaters. Sie wirkt am Werk der Schöpfung mit und findet Freude am Umgang mit den Menschen.
Psalm 8,4–9: Der Mensch – trotz seiner Winzigkeit im Kosmos – wird von Gott zur Herrschaft über die Schöpfung berufen und mit göttlicher Würde gekrönt.
Römer 5,1–5: Durch Christus haben wir Frieden mit Gott. Leiden mündet in Hoffnung, weil der Heilige Geist Gottes Liebe in unsere Herzen gießt.
Johannes 16,12–15: Der Geist der Wahrheit führt die Jünger in die Fülle der Offenbarung. Er verherrlicht Christus, indem er aus dem gemeinsamen Besitz von Vater und Sohn schöpft.
Die Dreifaltigkeit offenbart sich nicht durch theoretische Spekulationen, sondern durch lebendige Begegnung, Glauben und Beziehung. Gott ist Gemeinschaft, die den Menschen zur Teilhabe einlädt. Die Einheit von Vater, Sohn und Heiligem Geist ist die ewige Quelle und Ziel unserer Hoffnung, Liebe und Erkenntnis.
Das innerste Wesen Gottes als Beziehung zwischen Vater, Sohn und Heiligem Geist ist der Ursprung und das Ziel von allem. Die Schöpfung (Psalm 8), die Offenbarung der Weisheit (Sprüche 8), die Erlösung (Römer 5) und die beständige Führung in der Wahrheit (Johannes 16) sind keine Taten eines einzelnen, sondern Ausdruck dieser sich verschenkenden göttlichen Liebe. Gott lädt die Menschheit ein, an diesem inneren Leben teilzuhaben, was durch den in unsere Herzen ausgegossenen Heiligen Geist geschieht. Der hl. Columban unterstreicht dies: Wer Gott sucht, muss „durch Glauben, nicht durch Diskutieren“ vordringen – denn das Geheimnis der Trinität übersteigt menschlichen Verstand, wird aber im gelebten Glauben erfahrbar.
Die Lesungen offenbaren die göttliche Dreifaltigkeit nicht als statisches Dogma, sondern als eine göttliche "Logik der Selbstentäußerung". Im Evangelium sagt Jesus: "Er [der Geist] wird mich verherrlichen; denn er wird von dem, was mein ist, nehmen". Und weiter: "Alles, was der Vater hat, ist mein". Dies beschreibt eine vollkommene Perichorese, ein gegenseitiges Ineinandersein, das auf totaler Selbsthingabe beruht. Der Vater gibt alles dem Sohn, der Sohn verherrlicht den Vater und gibt sich für die Welt hin, der Geist verherrlicht nicht sich selbst, sondern den Sohn.
Dies ist die exakte Umkehrung der Logik der Sünde, die auf Egoismus, Selbsterhöhung und Besitzgier beruht. Das innerste Geheimnis der Realität ist also nicht ein Kampf ums Dasein, sondern ein ewiger, freudiger Akt des Sich-Verschenkens. Die Eucharistie ist der sakramentale Vollzug dieser Logik: Der Vater schenkt uns den Sohn, der Sohn schenkt sich uns als Brot des Lebens, und der Heilige Geist (in der Epiklese angerufen) verwandelt die Gaben und uns, die wir sie empfangen. Wir werden in diesen göttlichen Kreislauf der Liebe hineingezogen. Wie der heilige Columban schreibt, begreifen wir dieses Geheimnis nicht durch "Diskutieren", sondern durch "ein vollkommenes Leben" und den "Glauben" – also durch die Teilhabe an dieser göttlichen Logik. Die Dreifaltigkeit ist weniger ein Rätsel, das es zu lösen gilt, als vielmehr ein Tanz, zu dem wir eingeladen sind.
Drei konkrete Umsetzungen für diese Woche:
Das Kreuzzeichen bewusst vollziehen: Mache morgens und abends das Kreuzzeichen langsam und mit Bedacht. Denke bei "Im Namen des Vaters" an den Ursprung allen Lebens, bei "und des Sohnes" an Jesus, der dich erlöst und dir den Weg zeigt, und bei "und des Heiligen Geistes" an die Liebe Gottes, die in dein Herz "ausgegossen ist" (Römer 5,5) und dich im Alltag leitet.
Leiden vertrauensvoll annehmen: Imitiere den Weg Röm 5,3–4: Schreibe eine aktuelle Not auf und bete: „Heiliger Geist, gieße Deine Liebe hier ein.“
Die trinitarische Dynamik leben: Suche in dieser Woche bewusst eine Gelegenheit, die Logik des Sich-Verschenkens zu praktizieren. Höre in einem Gespräch wirklich zu, um den anderen zu verstehen, anstatt deine eigene Antwort vorzubereiten (wie der Geist auf den Sohn hört). Verherrliche einen anderen Menschen, indem du seine guten Eigenschaften anerkennst und hervorhebst (wie der Geist den Sohn verherrlicht).