Am neunzehnten Sonntag im Jahreskreis geht es um die Pilgerschaft des Glaubens in wacher Erwartung Christi. Wir sind Fremdlinge auf Erden, gerufen, mit Abrahams Kühnheit auf die „Stadt mit festen Grundmauern“ (Hebr 11,10) zuzugehen. Unsere Hoffnung ist kein Traum, sondern die Gewissheit dessen, „was man nicht sieht“ (Hebr 11,1).
Weish 18,6–9: Die „Nacht der Befreiung“ wird angekündigt. Israel erwartet Rettung, vereinigt sich im verborgenen Opfer und verpflichtet sich, Güter und Gefahren zu teilen. Gericht über die Feinde wird zur Verherrlichung der Gotteskinder – Passa als Bundestreue im Dunkel.
Psalm 33: Selig ist das Volk, dessen Gott der HERR ist. Er entreißt dem Tod, erhält im Hunger, ist Schild und Hilfe. Der Psalm lehrt: Hoffnung auf Gott ist realistischer als jeder Eigenschutz.
Hebr 11,1–2.8–19: „Glaube ist: Grundlage dessen, was man erhofft, ein Zutagetreten von Tatsachen, die man nicht sieht.“ Abraham zieht los, wohnt als Fremder im Zelt, erwartet die von Gott erbaute Stadt. Der Glaube wagt Hingabe bis zur Opferbereitschaft Isaaks und hofft auf Auferweckung.
Lk 12,32–48: „Fürchte dich nicht, du kleine Herde! Denn euer Vater hat beschlossen, euch das Reich zu geben.“ Darum: Schatz im Himmel, gegürtete Hüften, brennende Lampen, treue Verwaltung. Wo der Schatz ist, da ist das Herz. Wem viel gegeben, von dem wird viel verlangt.
Die Erinnerung an die Paschanacht (Weish 18) zeigt, dass Gottes Zusagen verlässlich sind. Dieselbe Nacht, die Ägypten richtete, wurde für Israel Rettung. Genauso wird die Wiederkunft Christi für die Treuen „Erlösung“, für die Nachlässigen aber „Gericht“ (Lk 12,46). Der Glaube Abrahams (Hebr 11) ist das vollkommene Beispiel, das ganze Leben auf eine unsichtbare, aber von Gott garantierte Zukunft auszurichten – die „bessere Heimat, nämlich die himmlische“ (Hebr 11,16). Seine Bereitschaft, Isaak zu opfern, war der Höhepunkt eines langen Trainings im Vertrauen. Er war überzeugt, „dass Gott sogar die Macht hat, von den Toten zu erwecken; darum erhielt er Isaak auch zurück“ (Hebr 11,19). Diese Haltung ist nicht Theorie, sondern Prüfstein: Glauben wir wirklich, dass Gott Tote auferwecken kann – und leben wir so jeden Tag?
Das Evangelium überträgt diese Haltung direkt auf uns: Wir sind die „kleine Herde“, die wie wachsame Knechte leben soll, deren Hüften gegürtet und deren Lampen brennen (Lk 12,35). Unser Herz darf nicht an vergänglichem Besitz haften, sondern muss am unvergänglichen Schatz im Himmel festgemacht sein (Lk 12,33–34). „Denn wo euer Schatz ist, da ist auch euer Herz“ – die Frage ist: Hängt unser Herz an den richtigen Dingen?
Die Lesungen lehren nicht nur, dass wir warten sollen, sondern wie dieses Warten unser Leben formt. Warten ist hier kein passives Ausharren, sondern eine aktive, charakterbildende Übung in Heiligkeit. Abraham wurde nicht im Stillstand zum Vater des Glaubens, sondern unterwegs, in der Fremde, im täglichen Akt des Gehorsams. Ebenso sind die Knechte im Evangelium nicht untätig. Sie sind „wach“, ihre Lenden gegürtet – Zeichen der Dienstbereitschaft. Der treue Verwalter wird nicht beim bloßen Warten, sondern bei der Ausübung seiner Pflicht angetroffen: „damit er ihnen zur rechten Zeit die Tagesration gibt“ (Lk 12,42). Wachsamkeit ist also nicht ängstliche Endzeit-Spekulation, sondern die treue Erfüllung unserer täglichen Pflichten im Bewusstsein, dass jede Tat vor dem Angesicht Gottes geschieht. Das Warten selbst ist die Arbeit. In der Treue im Kleinen bereitet uns Gott auf das Große vor – auf das ewige Reich.
„Die Königin des heiligen Rosenkranzes will nichts anderes als die Heiligkeit. Unsere Liebe Frau von Fátima verlangt die vollkommene Erfüllung der Standespflichten … Es gibt Seelen, die glauben, es handele sich dabei um große und außerordentliche Abtötungen und Kasteiungen, zu denen sie sich unfähig halten und daher den Mut verlieren, während die liebe Gottesmutter von der Erfüllung der Standespflichten spricht, wenn sie die Buße fordert. Darin besteht die Heiligkeit.“ Sr. Lúcia, Fátima und der Friede, S. 98
„Glaube ist: Grundlage dessen, was man erhofft, ein Zutagetreten von Tatsachen, die man nicht sieht“ (Hebr 11,1). Die Sakramente machen diese unsichtbare Wirklichkeit im Sichtbaren erfahrbar:
Ehe: Das „Ja“ vor dem Altar verändert real die Beziehung, auch wenn äußerlich dasselbe Paar nach Hause geht. Unsichtbar wird ein Bund geschlossen, der sakramental unauflöslich ist – und dieser Bund wirkt in jeder Stunde der Ehe, ob man ihn spürt oder nicht.
Taufe: Sichtbar nur Wasser und Worte, unsichtbar aber Wiedergeburt und neues Leben in Christus; die Erbsünde wird getilgt, das unauslöschliche Siegel der Gotteskindschaft eingeprägt.
Eucharistie: Äußerlich Brot und Wein, in Wahrheit Leib und Blut Christi. Der Glaube ersetzt das Sehen – wir handeln so, als ob Christus selbst vor uns steht, weil Er es wirklich tut.
Wer so glaubt, lebt schon jetzt aus den Vorräten des kommenden Reiches. Er lässt los, was vergänglich ist, und gewinnt, was ewig bleibt: die Teilhabe am Pascha-Mysterium, wo Tod und Leben, Gericht und Gnade im Opfer Christi eins werden.
Den wahren Schatz prüfen: Identifiziere eine Sache oder eine Sorge, die dein Herz diese Woche gefangen hält. Übergib sie bewusst Gott im Gebet und setze einen konkreten Akt der Loslösung, indem du Zeit, die du darauf verwenden würdest, für das Gebet oder einen Dienst am Nächsten nutzt.
Die Hüften gürten: Erledige eine alltägliche, vielleicht unliebsame Aufgabe (im Haushalt, bei der Arbeit) mit besonderer Sorgfalt und opfere sie bewusst Gott auf. Verstehe diese Tat als eine Übung in der Wachsamkeit, als wärst du der Knecht, der jederzeit vom Herrn angetroffen werden kann.
Die Lampe brennen lassen: Nimm dir jeden Abend vor dem Schlafengehen fünf Minuten Zeit für eine Gewissenserforschung. Frage nicht nur: „Was habe ich falsch gemacht?“, sondern vor allem: „Herr, wo war ich heute wachsam für dein Wirken? Wo war ich bereit, dir zu dienen? Glaube ich, dass du Tote auferwecken kannst?“